btb Taschenbuchverlag
400 Seiten
ISBN- 978-3442742127
Klappentext:
Das international gefeierte Meisterwerk über Liebe, Verrat und Angst - vor allem vor der Gewalt der Männer
Wer Äußerstes erlebt hat, ist auch Äußerstes zu tun im Stande - das zeigt dieser vielfach ausgezeichnete und hoch spannende Roman über zwei Frauen, die sich wie zufällig begegnen und die doch eine gemeinsame Geschichte verbindet.
Als Aliide Tru, eine alte Frau, die allein in einem Bauernhaus auf dem estnischen Land lebt, ein Bündel in ihrem Garten findet, das sich als junge Frau entpuppt, schluckt sie ihre Skepsis und Menschenverachtung herunter und nimmt Zara in ihr Haus auf. Zara ist auf der Flucht vor ihren Zuhältern, die sie mit brutalster Gewalt zu Willfährigkeit gezwungen haben und ihr schon dicht auf den Fersen sind. Doch Zara sucht keineswegs so zufällig Unterschlupf bei Aliide, wie diese glaubt: Aliide könnte die Schwester ihrer Großmutter sein.Während Zara noch Beweise für die Verwandtschaft sucht und nach einer Möglichkeit, Estland zu verlassen, fühlt sich Aliide von der jungen Frau bedroht: Zu oft musste sie Leib und Seele, Hab und Gut vor Eindringlingen schützen. In Rückblenden entsteht das immer schärfer werdende Bild einer Familientragödie, die fast fünfzig Jahre zuvor, als Estland von den Russen besetzt wurde, ihren Höhepunkt fand. Rivalität und Eifersucht, Scham, Schutzbedürftigkeit und vor allem Angst vor der Brutalität der Männer gegenüber den Frauen - das sind die Motive, die Aliide zu unvorstellbaren Entscheidungen zwangen. Sofi Oksanen gelang mit diesem Roman, der in mehr als 25 Ländern erscheint und gerade in den USA gefeiert wird, der große Wurf. Atemlos vor Spannung liest man über das Schicksal zweier Frauen, die ganz unterschiedliche und im Kern doch vergleichbare Erfahrungen machen: Egal welches politische System auch herrscht, Opfer sind immer die Frauen.
Uff, Sofi Oksanen ist schon eine Sache für sich. Sie wurde mir von einem Freund empfohlen der weiß, wie gerne ich Autoren lese, die sich auf neues Gelände vorwagen. Sofi Oksanen ist schon alleine wegen der Orte etwas besonderes, an denen ihre Romane spielen. Nie zuvor gab es jemanden der sich und seine Figuren in Estland ansiedelte. Allein von diesem Umstand war ich schon begeistert, denn: Ich wusste rein gar nichts über dieses Land, erst recht nicht von den internen Spannungen hier und den Bräuchen/der Kultur.
Zunächst muss ich sagen: In den Sprachstil musste ich mich erst einfinden. Die Autorin schreibt original auf finnisch und da eine anständige Übersetzung hin zu bekommen ist nicht das Einfachste. Es gibt viele Gedankensprünge und Perspektivenwechsel, allein die der Einstieg ins Buch ist wirklich sehr speziell und erscheint zunächst vielleicht witzig und vielleicht auch stellenweise überflüssig, doch erfahren wir am Ende des Buches, dass diese ersten Seiten von fundamentaler Wichtigkeit sind. Und auch die Fliege auf dem Cover (sehr speziell, auf jeden Fall kein Kuschelcover) hat eine Bewandnis, die erst später klar wird. Fegefeuer ist enorm sprachgewaltig. Mir kam in den Sinn dass ich selten (oder sogar nie) einen so unangepassten, beinahe spröden Erzählstil kennen gelernt habe. Die Autorin beschönigt nichts, sie fährt präzise wie ein Laser gleich nach vorne in die Wunde, ohne jegliche Umwege oder den Versuch, es angenehm zu verpacken, damit der Leser auch nur ja nicht vor den Kopf gestoßen wird. Mich hat es begeistert, wie kompromisslos die Autorin ihre Figuren beschrieb, ihre Geschichten erzählte und das alles in die Handlung einflocht. Endlich weiß ich mehr über die estnische Kultur; dennoch war ich erschüttert als ich es zuschlug, und das soll auch so sein: Fegefeuer ist eines dieser Bücher, die weh tun müssen. Mich hat es für die Autorin völlig eingenommen und ich habe die anderen ihrer Bücher schon auf dem SUB.
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