[Rezension] Undine de Riviere- mein Huren Manifest

Heyne Verlag
272 Seiten
ISBN- 978-3453604728





Klappentext:

Über Prostituierte glaubt jeder Bescheid zu wissen: Huren verkaufen ihre Seele. Die meisten werden zum »Anschaffen« gezwungen. Mafiose Strukturen bestimmen das Geschäft.
Mit solchen und anderen Klischees räumt die Sexarbeiterin Undine de Rivière auf. Sie gibt einen unerwartet differenzierten Einblick in die Welt zwischen BDSM-Studio, Laufhaus und Gangbang-Party und lässt Kolleginnen, Freier, Betreiber und Experten zu Wort kommen - offen und ehrlich. Ein Insiderbericht, wie es hinter den Kulissen eines Wirtschaftszweigs zugeht, über den meist nur Halbwissen und Pauschalurteile verbreitet werden - ein starker Appell für die Entkriminalisierung einer umstrittenen Berufsgruppe.
»Die meisten Kolleginnen, die ich kennengelernt habe, sind selbstbewusste Frauen, die sehr genau wissen, was sie wollen.« Undine de Rivière
Autoreninformation:
Undine de Rivière, Jahrgang 1973, wuchs in Südwestdeutschland auf. Sie finanzierte ihr Studium mit Striptease und Prostitution und entschied sich nach abgeschlossenem Physik-Diplom für eine hauptberufliche Ausübung der Sexarbeit. Als »Bizarr-Lady« leitete sie fünfzehn Jahre lang eines der bekanntesten BDSM-Studios Hamburgs. Insgesamt arbeitet sie seit über zwanzig Jahren als Sexdienstleisterin. De Rivière ist Gründungsmitglied des bundesweiten Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD), einer Interessenvertretung ehemaliger und aktiver Sexarbeiterinnen. Sie setzt sich auf lokaler und Bundesebene für eine Entkriminalisierung des Berufs und eine Stärkung der Rechte von Sexarbeiter_innen ein.

Meine Meinung:
Für interessante Sachbücher bin ich grundsätzlich immer zu haben. Und dieses hat mich unwiderstehlich angezogen. Als jemand der mit dieser Szene noch nie etwas zu tun hatte freute ich mich darauf, mal einen echten Einblick zu bekommen abseits von Nachmittagsfernsehen und Boulevardpresse. Und ich wurde auch nicht enttäuscht. Die Autorin ist eine authentische, vernünftige, bodenständige Frau, und sie ist nicht nur Sexarbeiterin, sondern auch studierte Physikerin. Und dennoch entschied sie sich nach abgeschlossenem Studium für den Job als Sexarbeiterin- warum? Weil ihr der Job schlicht und ergreifend Spaß machte. Das passt ja nun so gar nicht zusammen mit den Vorurteilen, die man der Branche normalerweise so entgegen bringt, Stichwort Menschenhandel und Zwangsprostitution. In diesem Buch räumt die Autorin mit dem auf, was man in der Klatschpresse liest und beleuchtet (vielleicht als erste) tatsächlich mal die andere Seite. Stark geht sie auch auf die Entmündigung ein die den Sexarbeiter_Innen durch die Bundesregierung widerfährt.
Für mich waren das alles vollkommen neue Blickwinkel. Ich fand es nicht nur spannend die Werdegänge der Frauen zu verfolgen die in diesem Werk zu Wort kommen, sondern ich war auch ziemlich begeistert davon dass sich die Branche zur Zeit eine eigene Lobby aufbaut, die auch immer mehr Bestandteil des öffentlichen Diskurses wird. Es setzt langsam doch ein Umdenken ein, und dieses Buch wird sicher einen Beitrag dazu leisten. Die Autorin jedenfalls ist die Richtige, um die Rechte ihrer Kollegen und Kolleginnen zu vertreten. Auch sprachlich ist dieses Buch sehr angenehm zu lesen, es wirkt seriös und glaubwürdig.
Wer bereit ist mal über den Tellerrand zu schauen und sich mit seinen eigenen Vorurteilen auseinander zu setzen, wird dieses Buch mögen. Ein bißchen Offenheit sollte man aber schon mitbringen und nicht bei jedem expliziten Begriff in Verlegenheit geraten, denn in Watte packt die Autorin ihre Arbeit auch nicht- sie beschreibt sie so, wie sie sie erlebt.
Unterm Strich sehr empfehlenswert!

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