[Rezension] Marta Orriols- Sanfte Einführung ins Chaos

 

DTV Verlag
240 Seiten
22€
ISBN: 978-3-423-29000-5
*Rezensionsexemplar*

Worum geht‘s? 

»Ich bin schwanger. Und ich will es nicht bekommen.«
Marta und Daniel. Ein junges Paar von heute. Beide sind Anfang 30, sie arbeitet als freie Fotojournalistin, er als Drehbuchautor für TV-Serien. Seit zwei Jahren lieben sie sich, ein Jahr leben sie zusammen und vor Kurzem haben sie einen Hund aus dem Tierheim geholt. Über Kinder haben sie noch nie gesprochen, auch nicht über ihre Vorstellungen von der gemeinsamen Zukunft. Daniel hat seinen Vater früh verloren und sich geschworen, ein Kind nie im Stich zu lassen. Marta hat von klein auf von einer selbstbestimmten Zukunft geträumt und jetzt die Chance, in einer Berliner Galerie ihren beruflichen Traum zu erfüllen. Über sechs Tage begleitet man Daniel und Marta in ihrem Gedanken- und Gefühlschaos – bis zum 
vereinbarten Termin für den Schwangerschaftsabbruch.

Meine Meinung: 

Wie reagieren wir darauf, wenn sich unser Leben von einem auf den anderen Tag komplett ändert? Wenn alles, was gestern noch normal war, plötzlich keine Bedeutung mehr hat? Den Figuren in diesem Buch, Daniel und Marta, geht es so. Als Marta ungeplant schwanger wird müssen die beiden überlegen, wie ihr Leben weitergehen soll. Im heutigen Barcelona leben sie, sind ein Paar das jede*r kennen könnte. Der Schreibstil der Autorin ist in jedem Fall schonmal sehr angenehm, ich kam sofort rein ins Buch. Die Stärke dieses Romans ist das Beleuchten der Situation aus unterschiedlichen Blickwinkeln- ihrem und seinem. Das Buch ist demnach auch unterteilt. 

Die Frage, die sich die beiden Protagonist*innen stellen müssen ist mit Sicherheit keine einfache. Charakterliebhaber*innen kommen hier auf jeden Fall auf ihre Kosten! Mir ist Charakterentwicklung in Büchern extrem wichtig, ich finde dass dies einem Roman überhaupt erst eine Seele gibt. Ich kann mit hervorragend gezeichneten Charakteren und kaum oder wenig Handlung leben- aber nicht umgekehrt. Die Autorin begleitet ihre Figuren behutsam durch ihren Entscheidungsprozess, durch ihre Gedankenwelten, Ängste und Einsichten. Dabei klingt der Roman zu keiner Zeit überhastet oder gezwungen. Im Gegenteil, es wurde seitens der Autorin sehr darauf geachtet, sich Zeit zu nehmen, so wie sich auch wichtige Gedanken oder Prozesse nicht beschleunigen lassen. Dennoch ist es kein Wälzer mit Überlänge, sondern ein kompakter kleiner Roman mit seinen 230 Seiten. Ich mag es, wenn etwas nicht künstlich gestreckt wird sondern gesagt wird, was gesagt werden soll. Ich kenne andere Autor*innen, die dieses Werk auf 600 Seiten gedehnt hätten, ohne eine andere Grundaussage zu machen. 

Mich hat dieser Roman in jedem Fall komplett abgeholt. Ich habe lange nicht mehr so eine berührende und doch on-Point Geschichte gelesen und vergebe guten Gewissens 5/5 Herzchen. 



Meine Bewertung: 💙 💙 💙 💙 💙


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